Um zehn Uhr war dann mein Termin…
Ich war zu diesem Zeitpunkt nur noch ein reines Nervenbündel… teilweise wurde mir das alles zu viel, diese ständigen Arzttermine, diese ganzen Informationen und diese ständige Ungewissheit über das was noch kommen wird…
In diesen ganzen Momenten war es mir echt viel wert immer jemanden meiner Lieben als Unterstützung an meiner Seite zu haben, welche mich immer wieder mit viel Liebe und Geduld aufbauten… alleine hätte ich diese ganzen Wege nicht gehen können.
In der Praxis angekommen hieß es erst einmal wieder Fragebögen ausfüllen, was mir ja nun auch schon nichts Fremdes mehr war nach meinem gefühlten tausendsten Arztbesuch…
Nach einiger Wartezeit rief mich eine junge Dame auf… „Frau T. bitte!“ Renate und ich folgten ihr ins Behandlungszimmer von Frau Dr. H. Dort saß diese auch schon und begrüßte uns freundlich. Wir nahmen Platz und hörten interessiert zu, was die Ärztin uns mitteilte. Sie schlug mir drei Methoden vor, Eierstocksgewebe oder Eizellen direkt zu schützen oder zu erhalten und einzufrieren. So viele Möglichkeiten… was ist die Richtige? Wofür entscheide ich mich? Ein Gefühl totaler Überforderung überkam mich… Dr. K. hatte zum Glück im Voraus bereits mit der Ärztin ein Telefonat geführt und ihr in diesem Gespräch alle wichtigen Einzelheiten über meinen Tumor und alles Weitere mitgeteilt.
Letzten Endes kam für mich in diesem Moment nur die Methode „Fertiprotect“ in Frage… Die anderen Möglichkeiten schieden unter anderem aus dem Grunde aus, da bei diesen Behandlungen mit Hormonen gearbeitet wird. Und da mein Tumor schon hormonabhängig war, werde ich die eventuell in meinem Körper verbliebenen Krebszellen wohl kaum noch zusätzlich mit diesen füttern. Das wäre viel zu riskant sagte ihr auch Dr. K.
Frau Dr. H. machte noch für den gleichen Tag einen Termin für mich im Marienhospital in Papenburg mit Frau Dr. R. ab… einfach nur zu einem Beratungsgespräch über die Option Fertiprotect…
Ich denke, ich hatte einfach andere Erwartungen und Hoffnungen in Bezug auf dieses Beratungsgespräch. Ich habe es mir leichter vorgestellt… Option A, B und C… bitte entscheiden sie sich jetzt! Und alles hätte so einfach sein können. Aber nein, ganz im Gegenteil… es war alles so kompliziert immer mit Bedacht auf die Chemotherapie. Somit verließ ich mit Renate leicht desillusioniert und Niedergeschlagen die Praxis und wir fuhren nach Neermoor …
Dort angekommen, rief ich erst einmal Benny an und klärte ihn über alles auf, was in diesem Gespräch behandelt wurde. Er war froh darüber, dass Renate und Peter mich nach Papenburg begleiten würden zu meinem Gesprächstermin… Weiteres würde er dann heute Abend erfahren…
Renate und ich machten uns schon einmal daran, den ersten Geburtstagskuchen für Bennys Party zu backen, denn schließlich war noch etwas Zeit bis zu unserem bevorstehenden Termin. Torte Nummer eins war fertig, Nummer zwei muss Renate dann leider allein backen, denn nun mussten wir los.
Peter noch vom Amt abholen und dann ab ins Emsland…
Bevor wir ins Krankenhaus fuhren, legten wir noch einen kleinen Zwischenstopp bei einem Bäcker ein und stärkten uns mit Kaffee, Tee und belegten Brötchen… Um vierzehn Uhr rief ich dann im Ambulatorium in Leer an um in Erfahrung zu bringen, wann ich am Montag im Borromäus Hospital sein musste zu meiner ambulanten OP in der mir mein Port eingesetzt werden sollte. Montag um dreizehn Uhr sollte es dann also los gehen… das wäre dann auch schon einmal geklärt.
Nach einigen Irrwegen durchs Krankenhaus fanden wir dann endlich die Anmeldung von Frau Dr. R….
Noch einen kurzen Moment im Wartezimmer Platz nehmen, dann werden wir aufgerufen.
Und so war es dann auch, Frau R. führte uns in Ihr Büro… dann begann das Gespräch. Die Aufklärung über das Verfahren, über die Risiken über die Kosten und vieles mehr. Leider wird diese Methode nicht von der Krankenkasse bezahlt, nein man muss selbst für die Kosten aufkommen welche auch nicht grad niedrig sind. Aber es ging uns gar nicht ums Geld… hätten wir in diesem Moment das Gefühl gehabt dieses Verfahren sei sicher und ohne große Risiken für mich, hätten wir es getan.
Ich sackte schon während der Beratung innerlich völlig zusammen als ich das alles hörte. Eigentlich stand schon da für mich fest „das kommt für mich nicht in Frage!“ das machte mir persönlich viel zu viel Angst. Es wird mir also vor der Chemo ein Teil meines Eierstocks aus meinem kranken Körper entfernt, in dem sich ja eventuell irgendwo vereinzelt Krebszellen befinden, darum ja die Chemo… Wer aber garantiert mir, das in diesem Stück Eierstock, welches ich mir nach ein paar Jahren wieder einsetzen lasse sich keine Krebszellen befinden? Für mich war das so beängstigend dieser Gedanke… Dann habe ich die Chemo und alles hinter mir, bin wieder gesund und lasse mir dann freiwillig den Krebs eventuell wieder einpflanzen? Natürlich muss es nicht so kommen aber mir war es in diesem Fall sichererer darauf zu verzichten. Mein Leben und meine Gesundheit gehen vor, da waren wir uns alle einig. Als wir später meinem Mann davon berichteten, war dieser unserer Meinung… „Was bringt es mir, ein Kind zu haben wenn ich dadurch vielleicht meine Frau verliere?“ das waren seine Worte.
Natürlich war ich froh und innerlich total beruhigt das mein Mann meine Entscheidung total verstehen konnte… aber andererseits schmerzte der Gedanke, dass ich Ihm später vielleicht keine Kinder schenken kann so sehr, was ich Benny unter Tränen sagte. Von diesem Tag an sagten wir uns, wenn Gott will das wir einmal ein Kind haben sollen, dann klappt es auch. Jetzt muss ich mich erst einmal auf mich konzentrieren, auf die bevorstehende Chemo und auf meine Heilung… dafür brauche ich jetzt alle meine Kraftreserven…