… unsere aktuelle Chemomützenkollektion

Früh morgens fuhr ich mit dem Rad in die Stadt zur Praxis, in der ich mit Frau M. verabredet war, um ihr unsere aktuelle Chemomützenkollektion vorzuführen… Ich hätte in dem Moment eher gedacht, dass sie sich die Mützen ganz in Ruhe anschauen will, fernab von den anderen Leuten… aber nein, sie holte mich mit ins Wartezimmer, wo es nicht gerade menschenleer war. Nun gut, so setzte ich mich zu ihr und ihrer Tochter und packte die Mützen aus… Wir redeten ganz offen, ohne zu flüstern über unsere Krankheit und den bevorstehenden Haarverlust. Es sollte ruhig jeder hören, wie mutig und tapfer wir damit umgehen und immer noch nicht unser Lachen verloren haben…

Nachdem sie sich dann Ihre Favoriten ausgesucht hatte, riet ich ihr noch dazu doch auch die Fleece Schlafmütze zu nehmen, denn der Kopf wird wirklich kalt in der Nacht ohne Haare. Skeptisch schaute sie mich an, verzog ihr Gesicht und sagte nur:“ Nee, die brauche ich nicht!“ Doch dann, nachdem ich von der Dame, die uns gegenübersaß, Zuspruch bekam und sie Frau M. auch zur Schlafmütze riet, ließ sie sich überzeugen. Die Frau uns gegenüber war übrigens eine erfahrene Chemo Kollegin. Also ich muss sagen, dass es für mich eine besondere Erfahrung war, dieses Erlebnis im Wartezimmer. Witziger weise habe ich als Krebskranke des Öfteren das Gefühl, ich müsse Rücksicht auf andere Leute nehmen, dass diese sich nicht unwohl fühlen. Sowie so offen über den Krebs zu reden oder einfach mal ohne Mütze raus zu gehen und zu seiner Glatze zu stehen… Aber als wir dort so saßen und uns unterhielten, waren schon ein paar Blicke auf uns gerichtet… Seien es neugierige, bemitleidenswerte oder kritische Blicke, ganz egal, wir wurden gesehen und gehört und konnten zeigen, dass Krebs ein offenes Thema ist… und nach diesem Tag im Wartezimmer sind hoffentlich alle mit dem Bewusstsein nach Hause gegangen, wie froh zu sein, gesund nach Hause gehen zu können…

„Gesundheit ist nicht alles, aber ohne Gesundheit ist alles nichts.“

(Arthur Schoppenhauer)

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