… die Geschichte meines Lebens

2Am Dienstag bekam ich einen Anruf… Es war die Praxis von Dr. K. ob ich nicht eventuell heute Abend schon Zeit hätte um zum Gespräch über die Chemo usw zu kommen. Ursprünglich wäre der Termin erst am Donnerstag gewesen aber natürlich war ich erfreut darüber, schon eher in Erfahrung bringen zu können was alles mit mir in naher Zukunft passieren wird… Um 18 Uhr saßen Benny und ich dann im Wartezimmer… Ich war sehr angespannt. Fragen, Gedanken und Ängste stapelten sich erneut in meinem Kopf… Mit neidischen Blicken schaute ich auf die ganzen schwangeren Frauen, welche um uns herum saßen. Hoffentlich werde ich auch einmal so hier sitzen können, mit einem Baby in mir und nicht mit dem Krebs…

Dr. K. erklärte uns alle Einzelheiten bezüglich der Chemotherapie… Nebenwirkungen, Zusammensetzung der Medikamente und was sonst noch alles von Bedeutung ist. Eine gewisse Angst überkam mich als ich das alles hörte… Muss das alles wirklich sein??? Ich werde vier Mal alle drei Wochen eine Chemo mit dem Medikament EC bekommen und im Anschluss daran zwölf Wochen nacheinander eine Chemo mit Paclitaxel. Im Anschluss daran muss ich noch einige Male zur Bestrahlung und die nächsten fünf bis zehn Jahre muss ich mich dann noch einer Antihormontherapie unterziehen. Diese Therapie ist neben der Operation, der Chemotherapie und der Bestrahlung eine der wichtigsten Behandlungen bei Brustkrebs. Sie zielt darauf ab, die Bildung oder Wirkung vor allem von Östrogenen zu blockieren. So soll das Wachstum hormonempfindlicher Tumorzellen gestoppt werden. Ein Rückfall oder ein weiteres Fortschreiten der Erkrankung kann so oft verhindert werden. Sechszehn Chemotherapien, Bestrahlungen und dann noch diese Antihormone… Also das volle Programm. Ich glaube das alles nicht! Chemotherapien kenne ich nur aus dem Fernsehen aus diversen Filmen. Und jetzt habe ich meinen eigenen Film in dem ich die Hauptrolle spiele, ohne das mich je jemand gefragt hat ob ich diese Rolle haben will in diesem Drama…Welches Ende wird der Film haben, wird alles gut gehen? Aber vielleicht geht es auch gar nicht immer ums Happy End, sondern um die Geschichte meines Lebens…

Am Montag der folgenden Woche wäre dann meine Ambulante Op, bei der mir der Port für die Chemo eingesetzt wird. Bei vielen Tumorerkrankungen ist es im Rahmen einer Chemotherapie notwendig über einen längeren Zeitraum in regelmäßigen Abständen zellhemmende Mittel ( Zytostatika ) über die Vene zu verabreichen. Da die wiederholten Einstiche in die Armvenen oft als sehr unangenehm empfunden werden und die stark wirksamen Zytostatika die Innenhaut der engen Armvenen schädigen können, wurden sogenannte Port-Systeme entwickelt, die einen dauerhaften und bequemen Zugang in das Gefäßsystem ermöglichen. Der direkt unter die Haut verpflanzte Port dient dabei als eine Art „Einfüllstutzen“. Von hier aus führt ein 20-25cm langer Silikonschlauch über das Venensystem direkt in die großen, weiten Blutgefäße vor dem Herzen. Hier können die Medikamente durch die große Menge vorbeifließenden Blutes und den Verdünnungseffekt keinen Schaden an der Gefäßinnenhaut anrichten. Zudem wird die Verabreichung von Medikamenten deutlich erleichtert. Der Port- eine Art Reservoir für die verabreichten Medikamente- schließt unmittelbar unter der Haut mit einer Silikonmembran ab. In diese Membran kann bei einer Trefferfläche von etwa einem Quadratzentimeter immer wieder mit speziellen Spritzen (Kanülen) eingestochen werden. Die Punktion ist dabei fast schmerzfrei.

Nach dem Aufklärungsgespräch mussten wir noch einen Moment lang auf einige Papiere warten. So standen wir dann am Empfangsschalter, hinter welchem noch eine Arzthelferin saß und einige Schreibarbeiten erledigte. Ich war so aufgewühlt und aufgeregt… Ich dachte so viel nach und dann strömte die Angst in Form von Tränen aus mir heraus. Ja, natürlich wusste ich schon des Längeren dass ich eine Chemo machen müsste aber bisher war das alles noch soweit hin. Und nun rückt der Tag immer näher…

Benny schloss mich gleich fest in seine Arme… „Das ist jetzt auch alles ein bisschen viel für sie was“, sagte die Arzthelferin zu mir während sie mir eine Box mit Taschentüchern hinhielt.“ Soll ich ihnen schon einmal die Räumlichkeiten zeigen in denen die Chemo dann stattfinden wird? Dann ist die Angst davor schon einmal genommen.“ Dankend nahm ich das Angebot an und so folgten wir ihr in den dritten Stock… Dort befand sich eine weitere kleine Praxis, der Behandlungsraum war klein und irgendwie gemütlich. Es tat gut diese Umgebung schon einmal gesehen zu haben… Aber bis zur ersten Behandlung werden noch ein bis zwei Wochen vergehen, denn erst einmal kommt noch die Port Op und dann steht ja immer noch die Option „Fertiprotect“ offen, bezüglich des Kinderwunsches. Lass ich mir einen Teil des Eierstocks entnehmen und einfrieren und nach der Chemo wiedereinsetzen? Diese Entscheidung muss ich allerdings vor der Therapie treffen, bevor ich dieses gute „Gift“ in meinen Körper eingeflößt bekomme. Ich sage bewusst gutes „Gift“… Ich weiß dass mich diese Medikamente wieder gesund machen und auch weiß ich das die Chemo meine stärkste Waffe gegen den Krebs ist aber andererseits weiß ich auch, dass es so viel zerstören kann. Das ist alles total verrückt und macht gleichzeitig so viel Sinn… Ich habe mich dazu entschieden, die Chemo als meinen Freund zu sehen und nicht als meinen Feind.

Es ist zugegeben nicht immer leicht nach allem was war und vor allem was noch kommen wird weiter aufrecht zu gehen und den Kopf oben zu behalten. Dabei ist es das wichtigste, in dieser Situation stärke zu beweisen und niemals den Krebs stärker werden zu lassen als du es bist… Denn sonst kann man den Kampf gleich beenden und die Krankheit über dich siegen lassen. Wie stark du tatsächlich bist, erfährst du erst dann, wenn STARK sein die einzige Option ist, die Du hast…

Kommentare

  1. Angela und Matthias Pauly

    Liebe Imke,
    Ich bin beeindruckt,wie du schreibst.Hut ab.
    Außerdem wie du mit deiner Krankheit,den Therapien und all den anderen Dingen die nun noch entschieden werden müssen,ganz realistisch und wirklich gut informiert umgehst.
    Du bist so stark.
    Ich wünsche vor allem dir und natürlich auch deinen Lieben weiterhin ganz viel Energie und Kraft.
    Alles Gute Angela und Matthias

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