… die Haare fielen Stück für Stück zu Boden !

Ein paar Tage später, nachdem ich mit Renate im Perückenstudio war, bekam ich einen Anruf von Meta. Sie erzählte mir, dass sie und ihr Mann Bernie ebenfalls dort gewesen seien und sie sich ein paar Perücken zur Auswahl bestellt hatte. „Ach mein Mäuschen ich hätte dich so gerne dabei gehabt, ich weiß doch gar nicht welche ich dann nehmen soll!“ klagte sie und so bot ich Ihr an, dass sie mich doch anrufen kann, wenn Ihr Haarersatz da sei, dann würde ich zu diesem Geschäft kommen um sie zu beraten. Sie freute sich sehr über meinen Vorschlag und ich war ebenfalls erfreut…erst einmal darüber, dass sie mir so viel Vertrauen schenkte in dieser besonderen Situation dabei sein zu dürfen und dann freute ich mich auch einfach über unser bevorstehendes Wiedersehen. Bei Meta war der Haarausfall bereits im vollen Gange, Büschelweise konnte sich sich die Haare nun mittlerweile ohne großen Kraftaufwand vom Kopf ziehen… also war es nun dringend an der Zeit sich eine Perücke auszusuchen.

Vor dem Treffen mit Meta und Bernie verabredeten Renate und ich uns miteinander um einen Kaffee trinken zu gehen… als es dann an der Zeit war, fuhr sie mich zu dem besagten Treffpunkt. Gemeinsam warteten wir, im Auto sitzend, auf die Beiden. Dann kamen sie und die Freude war groß, uns nun endlich mal wieder zu sehen. „Ach, ich hätte Dich fast gar nicht erkannt mit Deinen kurzen Haaren!“ sagte Meta und knutschte mich erst einmal ab. Diese Frisur kannte sie noch nicht an mir…

Im Geschäft angekommen setzte Meta sich, so wie ich damals auch, vor den Spiegel und ließ sich all Ihre Probeperücken bringen. Meta hatte schwarz gefärbtes Haar durch das man nun schon einige kahle Stellen bedingt durch den Haarausfall erkennen konnte. Jetzt entschied sie sich jedoch für Perücken mit blond gräulichen Tönen… „Wenn meine Haare dann mal wieder kommen werde ich sowieso grau sein, dann ist der Unterschied nicht so groß von der Perücke zu den echten Haaren!“ erklärte sie mir ihre Entscheidung. Meta ging es an diesem Tag von der letzten Chemo nicht gut… Ich konnte merken, dass sie das mit den künstlichen Haaren eigentlich nicht wollte. Ich denke, wäre es nach Ihr gegangen, wäre sie sogar mit Glatze herumgelaufen. Aber es ist irgendwie auch für die anderen Leute, dass diese sich nicht erschrecken und gucken, wenn sie unsere Glatzen sehen. „Guck dir das doch an !“ sagte Meta dann und zeigte mir wie leicht sie nun Ihre Haare rupfen konnte. „Das ist doch Mist, den ganzen Tag saß ich gestern im Wintergarten und war am Zupfen, das ist nicht schön!“ Ich war etwas erschrocken, denn das so zu sehen, wie die Haare sich so leicht lösen, war schon komisch… und bald wird es auch mir so gehen.

Meta probierte mehrere Perücken auf und war mit keiner so richtig zufrieden … wie auch? Sie verliert ihre Haare und soll diese jetzt durch so einen Fremdkörper ersetzen. Es brauchte einige Überzeugungsarbeit von ihrem Mann und mir bis sie uns glaubte, dass die helle Haarfarbe der Kopfbedeckung ihr Gut stand. Und sie sah wirklich toll aus!

Nun war die Frage, wie fühlt sich die Perücke an mit Glatze? Noch waren die echten Haare da…

„Also wir können die Haare auch gleich hier abrasieren, wenn sie das möchten!“ kam als Vorschlag von der Angestellten. Mit großen Augen und fragenden Blicken guckten wir uns alle an… Für ihren Mann war dies nicht so einfach, er sagte gleich „Das kann ich nicht, ich warte hier das musst Du alleine machen!“ Meta überlegte noch einen Moment und fragte dann mich was ich denn meine? Ich bestärkte sie und sagte ihr das sie es ruhig machen solle, dann hört auch die Zupferei auf und das ist dann einfach schöner.

Ich begleitete Meta um die Ecke in einen Raum der einem kleinen Frisörgeschäft glich. Sie nahm Platz und wartete darauf, dass es nun los ging… und während sie da so saß, war sie noch immer so stark, tapfer und mutig und machte ihre Späßchen, die man halt so von Ihr kennt… einfach unglaublich! Dann war es soweit… der Rasierer surrte laut auf und die Haare fielen Stück für Stück zu Boden… Und es dauerte gar nicht lange, da stand Bernie auf einmal im Türrahmen und schaute dem Geschehen ebenfalls zu. Es war für mich eine besondere und gleichzeitig auch sehr berührende Situation, dies mit erleben zu können… In einem so doch sehr privaten Schicksalsmoment der Beiden dabei sein zu dürfen. Ich musste etwas mit den Tränen kämpfen und hatte einen dicken Kloß im Hals. Aber die Beiden Meta und Bernie haben es mit so viel Humor geschafft diesen emotionalen Moment zu einem positiven Ereignis zu machen. Während der Rasur entstand auf Metas Kopf ein „Irokese“… „Was meinst mein Mäuselein, soll ich das so lassen? Dann wäre ich doch eine coole Punker Oma!“

Zum Schluss wurde es dann doch eine Glatze… Und es sah toll aus, fast gar nicht fremd. Als wir dann den Raum verließen bückte Meta sich zu Ihren Haaren auf den Boden hinunter und verabschiedete sich von diesen. So schlimm wie das für manche Leute alles sein mag und klingen mag… Mit ganz viel Spaß und Humor in allen Situationen dem Krebs zu begegnen, macht das alles so viel leichter, leichter es zu akzeptieren. Als wir vier, Meta, Bernie, die Perücke und ich

das Geschäft verließen war es am schneien… Sie Boten mir an mich nach Hause zu fahren, dies lehnte ich jedoch dankend ab und machte mich zu Fuß auf den Heimweg. Zum Abschied überreichte ich Meta noch eine von Renate und mir selbstgenähte Mütze mit den dazu passenden Armstulpen. Sie freute sich mal wieder sehr und die Mütze konnte sie ja nun auch gut gebrauchen.

Nach diesem Tag stieg meine Spannung nun noch mehr… Wann ist es bei mir soweit? Und ich wünschte mir, dass auch ich das mit so viel Witz durchhalten werde, wenn mein Mann mir dann den Kopf schärt. Das haben wir gleich gesagt das er diese Ehre dann haben wird… was mir auch sehr viel bedeutet, dass er dies für mich macht. Und ich muss sagen, Meta hat mir durch diesen Tag nochmal wieder gezeigt, dass es nicht schlimm sein wird. Sicher wird das Haare verlieren nach meiner OP und meiner ersten Chemo noch mal eine große Herausforderung für mich sein… und das Gute ist ja auch, dass wir  selber entscheiden können, ob wir etwas fürchten oder jede neue Herausforderung einfach meistern wollen. Es liegt ganz an uns selbst…

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