… die Tulpen waren knusprig gewachsen !

Nun steht der zweite „kleine“ Eingriff nach meiner Brustoperation an, mein Port wird eingesetzt …

Zu diesem Termin begleitete mich wie so oft in letzter Zeit meine liebe Schwiegermutter.

Als wir im Krankenhaus ankamen, hieß es erst einmal zur Anmeldung, meine Papiere zur ambulanten OP abholen und dann ab in den ersten Stock zur Ambulanz. Mittlerweile kannte ich mich auch gut aus im Borromäus Hospital und fand diesmal alles recht schnell, ohne mich wieder halb zu verirren …

Da saßen wir dann im Wartebereich und taten was man halt im Wartebereich so macht… warten.

Es war wirklich viel los, wie lange würde es wohl dauern bis ich dran käme ? Um dreizehn Uhr sollte mein OP Termin sein und jetzt ist es bereits schon dreizehn Uhr … Aber nun gut, wir haben ja Zeit und es ist ja nicht so, dass ich nervös wäre und das alles hinter mir haben will.

Warten kann wirklich anstrengend sein, vor allem, wenn sich im Wartebereich noch eine Patientin befindet die sich nur über alles aufregt und damit alle Leute um sich herum unterhält. „ Hallo, ich habe grad echt eigene Sorgen !“ dachte ich so bei mir. Renate beruhigte mich und sagte mir, um mir Mut zu machen, dass das schon nicht Schlimm werden wird. Ist ja nur ein kleiner Eingriff sozusagen, zumindest nachdem was T. mir so aus eigener Erfahrung erzählt hat. Na das hoffe ich jetzt einfach mal…

Um viertel vor Zwei schrieb ich Benny, das wir immer noch im Wartezimmer sitzen…

Als ich mich da so umschaute, fiel mir der Tulpenstrauß auf dem Empfangstresen auf, welcher auch schon bessere Zeiten gesehen hatte. Man konnte schon fast sagen, die Tulpen waren knusprig gewachsen… An den Stielen, mit bereits trockenen Blättern, die in der Vase standen befanden sich vielleicht noch drei Blütenblätter… Der Rest lag auf dem Tresen. Um die Zimmerpflanzen war es auch nicht wirklich gut bestellt, auch diese hatten in Ihrem Leben sicher schon einmal mehr als zwei, drei Blätter.

Um kurz nach Zwei wurde ich dann aufgerufen, nun sollte es los gehen …

Ich verabschiedete mich von Renate und sagte ihr, nachdem ich mich informiert hatte, dass sie mich um halb vier ungefähr wieder abholen könnte.

Ich folgte der Schwester bis zu einer Umkleidekabine, vor der sie mir OP Kleidung, bestehend aus Hose, Hemdchen und Überziehern für die Füße überreichte. „Nach dem Umziehen können sie Ihre Kleidung dann in dem Schrank mit der Nummer 7 einschließen !“ sagte sie mir und überreichte mir den dazu gehörigen Schlüssel.

Als alle Sachen verstaut waren, sowie auch Schmuck und Brille gab ich den Schlüssel bei der Schwester ab, welche mich dann in den nächsten Wartebereich führte. Ein riesiger Raum in dem einige OP Liegen standen. Drei von Ihnen waren bereits belegt … Eine von einer jungen Dame mit frisch eingegipstem Arm, eine von einem jungen Mann welcher sterilisiert wurde, wie er es mir ganz locker quer durch den Raum erzählte und in einem Bett lag ein älterer Herr russischer Abstammung mit eingegipster Hand. Ich bekam die Liege neben Ihm… Nachdem ich es mir auf dieser gemütlich gemacht hatte, wurde ich von der Schwester zugedeckt und bekam ein Armband auf dem meine Daten standen ums Handgelenk gelegt. Bevor sie dann ging, zog sie den Vorhang zu, welcher mir und meinem Bettnachbarn als kleiner Sichtschutz dienen sollte. Um circa halb drei wäre der OP frei, dann wäre ich dran.

Nun ging es darum, dass der Herr welcher zu meiner rechten hinter dem Vorhang lag, einen Kaffee bekam und ein halbes Käsebrötchen… Kaffee trinken klappte super, das Problem war das Brötchen…

Der Herr war ein Gebissträger und dieses musste er vor der OP mit seinen Kleidungsstücken so wie jeder andere von uns auch, in seinen Schrank einschließen. Seiner hatte die Nummer 4… Und nun zum eigentlichen Problem… Der Schlüssel mit der Nummer 4 war verschwunden. Das hieß nun, ohne Gebiss kein Brötchen!

Es entstand leichte Aufregung bei den Schwestern sowie auch bei dem betroffenem Herren. Wo ist der Schlüssel? Nachdem zwei Damen alles durchsucht hatten fiel Ihnen ein, den Schlüssel hat die Kollegin die allerdings schon Feierabend hat, noch in Ihrer Jacke. Was nun? So wurden alle Schlüssel aus dem Kästchen am Schrank Nummer 4 ausprobiert und Gott sei Dank befand sich ein passender Ersatz darunter. Nun stand dem Verzehr des leckeren Käsebrötchens nichts mehr im Wege… Aber ehrlich gesagt hatte ich meinen Spaß dabei und lag leicht grinsend hinter meinem Vorhang wo mich keiner sehen konnte…

Mittlerweile, um kurz vor drei, ging die Tür zum OP auf und zwei Damen in OP-Bekleidung kamen auf mich zu. „ Sie sind Frau Troff ? “ … „Ja“… „ Dann nehmen wir sie jetzt mit. “ … Da verging mir das Grinsen auf einmal wieder ganz schnell…

Der Weg zum OP war mir wieder genauso unheimlich wie bei der Brustoperation. Die Nervosität stieg und so langsam bekam ich es auch mit der Angst zu tun… Überall wieder diese ganzen Leute in Grün und mit Mundschutz und Handschuhen… das muss ich eindeutig nicht öfter haben. Kurz vor dem Operationssaal bekam ich noch eine Haube aufgesetzt und musste auf eine andere Liege umsteigen. Nachdem dann schon einmal die Schleifen von meinem Hemdchen geöffnet wurden und ich dieses schon mal ausziehen sollte, soweit das nur die Brust noch bedeckt ist, wurde ich dann in den Saal geschoben. Es war so bedrückend… ich meine, bei der letzten Operation bin ich gar nicht in den Genuss gekommen den OP von innen zu sehen, da wurde ich vorher schon durch die Vollnarkose ausgeknockt und hab zum Glück nichts mehr mitbekommen. Das hätte ich auch gerne jetzt gehabt…

Der Arzt und seine Helfer, ein Herr und eine Dame, waren wirklich nett und haben viele Späßchen mit mir gemacht um die Situation aufzulockern.

Nachdem ich dann mein Hemd ganz ablegen musste, kam der Arzt mit einem Schälchen voller Jod und mit einer Zange in der ein Wattebausch eingeklemmt war. Diese tauchte er in das Schälchen und dann ging es los mit der Schmiererei… Meine gesamte Brust und bis zum Bauch runter wurde alles eingeschmiert… der ganze Hals und auch ruhig noch bis hinter die Ohren und bis unters Kinn und wenn wir schon mal dabei sind noch den gesamten Oberarm und bis rum hinten auf den Rücken. So fertig…

Dann bekam ich ein grünes Tuch vor das Gesicht gespannt, als Sichtschutz, das ich nicht mit ansehen muss wie sie mich aufschneiden… Ebenso wurde mein Oberkörper abgedeckt und abgeklebt bis auf die Stelle natürlich an der der Port rein sollte… So ungefähr an der Stelle, an dem der BH Träger entlang läuft.

Genau dahin bekam ich auch die erste Betäubungsspritze, welche dann noch ein bisschen im Fleisch umher gedreht wurde, so dass auch alles schön betäubt wird. Schön war das nicht, und das war erst der Anfang …

Dann spürte ich nur, wie was geschnitten wurde und hörte immer so ein „brizzeln“. Das lag daran, das für diese OP ein Kauter verwendet wurde. Der Kauter (griech. Verbrenner, Brenneisen) ist ein chirurgisches Instrument zum Kauterisieren, das heute als Elektrokauter in Form einer feinen, durch elektrischen Strom erhitzten Drahtschlinge zum Einsatz kommt. Im Wesentlichen dient der Kauter während einer Operation zur Blutstillung oder zum Schneiden. Dieses Gefühl, wie da rumgerissen und gestopft wurde um den Port unter die Haut zu kriegen war echt furchtbar. Zwischendurch ließ die Betäubung nach und ich verspürte Schmerzen. Zweimal musste nachgespritzt werden… Und dann wurde es zugenäht. Insgesamt hatte der Schnitt eine Länge von 6cm… Im nach hinein bin ich zumindest Glücklich darüber das der Arzt den Port soweit wie möglich nach rechts eingesetzt hat, auch wenn es manchmal ein wenig stört das der BH Träger am Port reibt. Denn wäre dieser weiter Richtung Brustbein eingesetzt worden hätte jeder die Narbe und den Port sehen können, wenn man mal ein Shirt mit Ausschnitt trägt. Also letztendlich muss ich sagen das ich danach leicht traumatisiert war, weil ich das alles so bewusst miterlebt habe… eine Vollnarkose wäre mir dabei wirklich lieber gewesen. Nachdem dann alles fertig war wurde ich zurück in den Warteraum mit den ganzen liegen geschoben auf den Platz an dem vorher der ältere Herr lag. Dieser war schon gegangen… Bereits in diesem Moment, schon auf dem Weg aus dem OP zurück spürte ich starke Schmerzen. Ich teilte dies gleich der Schwester mit die mir sofort ein Schmerzmittel gab. Aber zuerst bekam auch ich ein halbes Käsebrötchen, ein Glas Wasser und sogar noch Kekse. Ich musste noch eine Weile liegen bleiben und dann auch noch auf den Arzt warten der sich die Wunde noch einmal anschauen wollte. Die Schwester überreichte mir dann noch meinen Portpass, in dem drin steht was für eine Art Port ich trage und wo mir dieser eingesetzt wurde usw. Ebenfalls bekam ich ein Kärtchen in EC-Karten Größe, auf welcher noch einmal das gleiche drauf stand, diese Karte sollte ich nun immer mit mir führen.

Mittlerweile war es schon halb fünf als ich endlich gehen durfte … Die Schwester holte Renate aus dem Wartezimmer zu mir, was wirklich gut war, denn so konnte sie mir beim umziehen helfen, was ich mit diesen Schmerzen alleine nicht hinbekommen hätte. Sebastian hatte mittlerweile auch Feierabend und wartete schon am Empfang auf uns.

Zusammen gingen wir dann nach unten in die Cafeteria und warteten auf Benny und Peter die jeden Moment eintrudeln sollten. Ich freute mich meinen Mann zu sehen, nach so einem furchtbaren Tag … Bevor wir einen Kaffee tranken, ging ich mit Benny zusammen zum Röntgen, dort wurde kontrolliert ob der Port richtig sitzt. Ich musste mich Obenrum wieder freimachen, wobei Benny mir dann helfen musste, in dieser kleinen Kabine. Meine Schmerzen von der Brust waren immer noch da und die Bewegung mit dem linken Arm war noch immer eingeschränkt, vom rechten Arm will ich gar nicht reden… Ich fühlte mich echt schlecht, hilflos und war verzweifelt. „Braucht den heutigen Tag noch jemand, oder kann der weg ?“ Er kann weg und soll schnell vorbei sein… Als ich mich so in der Kabine auf einmal im Spiegel sah, überall gelb vom Jod, das große Pflaster… da kullerten mir die Tränen über die Wangen. Das war dann so ein Moment in dem ich wirklich traurig war, über das kürzlich erlebte und alles was schon passiert war und was noch kommen wird… Aber auch wenn das Leben manchmal traurig ist bin ich froh dabei zu sein!

Nach einer liebevollen Umarmung und tröstenden Worten von meinem Mann, konnte ich mich wieder fangen und ging rein zum Röntgen.

„ Alles in Ordnung, der Port sitzt da wo er sitzen soll ! “

Wir tranken noch zusammen einen Kaffee und machten uns dann auf den nach Hause Weg.

Die Schmerzen waren wirklich schlimm… dagegen war die Brust OP fast ein Klacks. Ich konnte nicht sitzen nicht liegen, ich wusste nicht wohin mit mir. Geheult habe ich vor Schmerz und vor Wut! Bei jeder Bewegung rieb der Muskel über den Port und das war alles andere als schön. Nach einem Fernsehabend mit etlichen Kissen, um den einen Arm zu stützen, und meinem Herzkissen unter dem anderen Arm geklemmt um auch diese Wunden zu schützen, ging es dann ins Bett. Dort das gleiche… um mich herum errichtete Benny mir eine Wohlfühloase aus Kissen, so dass ja gut und schmerzlos positioniert liegen kann. Wieder nur auf dem Rücken schlafen war angesagt, na super, als hätte ich nicht schon genug Rückenschmerzen. Aber Morgen ist ein neuer Tag, mit neuem Mut, neuer Kraft und neuer Energie! Dann sieht die Welt schon wieder ganz anders aus…

„Beende den Tag immer mit positiven Gedanken, egal wie schwer die Dinge auch waren, denn morgen warten viele neue Gelegenheiten, die dir ein Lächeln ins Gesicht zaubern werden.“

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