Ich will meine Hose anhaben !

Die erste Nacht, mehr oder weniger gut geschlafen, war ich bereits um kurz nach 5 schon wieder wach … Heute ist der große Tag, heute ist die OP.
Die Aufregung hielt sich bei mir noch in Grenzen, ich war auch viel zu müde um mir jetzt schon großartig Gedanken machen zu können. Um viertel vor 6 wurde ich von der Schwester gebeten noch einmal duschen zu gehen und in einer Stunde würde sie dann wieder kommen …

So, schön aufgefrischt und wieder angezogen legte ich mich erst einmal wieder ins Bett … Es war noch dunkel und Meta schlief nun endlich auch einmal nach dieser langen Nacht. Kurz vor sechs schrieb ich Benny dann eine gute morgen WhatsApp. Keine Reaktion, naja gut ich werde ja erst um 7 Uhr 20 zur OP abgeholt. Ist ja noch ein bisschen Zeit.
Nun kam die Schwester auch schon wieder mit meiner schönen OP-Kleidung, meine eigenen Kleider musste ich komplett ablegen und bekam dafür ein „heißes“ Netzhöschen, sexy Trombosestrümpfe und ein OP-Hemd mit komplett freier Rückenansicht. Nur zwei kleine Schleifchen hielten mein Hemd zusammen. Also toll fühlte ich mich nicht in diesem Outfit aber es nützt ja nichts. Um 6 Uhr 26 schickte ich Benny noch eine Nachricht … ist er jetzt wach ? Nö … 6 Uhr 37 die Nächste … Immer noch nichts. 7 Uhr 1 und er schläft noch immer ! Neeeeeeeeeeeeeeeeein, leichte Panik überkam mich, denn ich wollte so unbedingt noch mit ihm schreiben bevor es los geht, noch ein paar liebe Worte …

Jetzt muss ich auch so langsam mal meine Beruhigungstablette nehmen … Um 7 Uhr 17 erste Lebenszeichen von Benny, Gott sei dank ! Wir schrieben noch ein bisschen miteinander und dann kamen auch schon die Schwestern um mich abzuholen. Mit den ganzen guten Wünschen und dem Daumendrücken von all meinen Lieben, über das Handy, wird schon alles gut gehen…

Von Meta noch ein paar liebe Worte und dann ging es los. Nun auch noch eine grüne OP-Haube auf den Kopf, wurde ich dann mit meinem Bett durch die Flure geschoben. Mittlerweile wurde mir doch ein bisschen anders und ich musste meine Tränen unterdrücken … Es war ein mulmiges Gefühl als wir im OP-Bereich ankamen. Dort waren Alle mit diesen grünen Hosen und Hemden gekleidet, mit Mundschutz, Handschuhen und OP-Haube … Ich fühlte mich echt unwohl, aber die Stimmung im OP-Bereich war wirklich gut. Alle waren gut gelaunt und machten ihre Späßchen … Für Die war das alles ganz normal. Nur für mich nicht, ich wollte am liebsten weg von hier …

So nun aus meinem kuscheligen Bett raus und rüber auf die OP-Liege. Die vorgewärmten Decken wurden auf mich gelegt, dann wurde ich in die OP-Schleuse geschoben, also den Vorraum des OP´s. Um meinen Herzschlag und die Atmung während der Vollnarkose überwachen zu können, bekam ich noch die Sensoren zu Überwachung aufgeklebt und dann auch noch eine Kanüle in die Armbeuge für das Narkosemittel …
Ich fühlte mich richtig hilflos, nicht wirklich wohl und so allein … Ich hätte Benny gerne bei mir gehabt, nur das er meine Hand hält. Der junge Mann der mich „OP fertig“ gemacht hat, war auch wirklich nett. Er hat mich beruhigt und wir unterhielten uns noch über meinen Job und so weiter. Dann kam Dr. K aus dem OP um mich zu begrüßen und um sich nach meinem Befinden zu erkunden … Kurz danach stellte sich mir die Narkoseärztin vor und erklärte mir, dass ich jetzt das Narkosemittel über die Kanüle im Arm gespritzt bekomme.

„Frau Troff merken Sie … “

Und weg war ich.

Was dann passierte kann ich Gott sei Dank nicht sagen, denn ich war fern der Heimat. Eine Stimme : “ Frau Troff, Frau Troff ? Sind Sie wach ? “
„Hä ? Wie ? Wo ? Was ? Wo bin ich und was ist passiert ? Wer bin ich überhaupt ? “ Nach einem kurzen Moment der Besinnung wurde mir klar, dass ich im Aufwachraum liege und die OP mehr oder weniger heile überstanden habe. Noch leicht benommen fragte ich mit meinem knochentrockenen Mund nach einem Glas Wasser. Aber nö, ich durfte noch nichts trinken … Na gut dann liege ich hier halt noch so rum.

Mir schräg gegenüber wachte gerade ein Mann auf und fragte die Schwester wann denn seine OP sei. Ich glaube er war noch nicht wieder ganz bei Verstand. Aus der hintersten Ecke des Raumes hörte ich ein Kind weinen und jammern : “ Ich will meine Hose anhaben, meine Hooooose !!! Und ich wusste gar nicht wie mir geschah … Als ich dann eine Stimme sagen hörte : “ Frau Troff könnt ihr auch schon wieder mitnehmen ! “ War ich sehr erleichtert. Denn ich wollte zu meinem Schatz, dieser wartete ja hoffentlich schon auf mich … Wie ich auf mein Zimmer zurück kam, kann ich gar nicht mehr so genau sagen. Ich weiß nur, dass Benny da stand und mich in Empfang nahm und aufs Zimmer begleitete. Das war ein sehr schönes Gefühl ihn gleich bei mir zu haben und nicht mehr allein zu sein … Weil ich vor der OP all meinen Schmuck ablegen musste, unter anderem meinen Ehering, sagte ich als erstes zu meinem Benny er solle mir meinen Ehering doch wieder anstecken. Ich nehme den Ring sonst nie ab, der gehört zu mir, wie mein Mann.

Ich war noch leicht benommen und müde, doch die Schmerzen waren auszuhalten. Meine Bewegungsfreiheit war jedoch sehr eingeschränkt. Meinen linken Arm konnte ich fast nicht bewegen und wenn, dann war es doch sehr schmerzhaft. Und mich auf diesen Arm aufstützen konnte ich mal total vergessen. Immerhin wurden mir während der OP noch zwei Wächterlymphknoten aus der Achselhöhle entfernt und somit hatte ich auch dort eine Wunde …

Die Wächterlymphknoten wurden mir entfernt, um diese gleich nach der OP untersuchen zu können, ob sich in Ihnen bereits Krebszellen befinden. Davon würde es dann abhängen, ob ich eine Chemotherapie machen müsste oder nicht. Aber zu diesem Zeitpunkt stand noch nichts fest. Allerdings haben wir uns da auch schon immer auf das schlimmste eingestellt … Denn wenn die Hoffnung zu groß ist, dass alles in Ordnung ist, ist die Enttäuschung umso größer wenn was anderes kommt als das was man sich doch so sehr erhofft hat …

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