Die Welt der Mottenfiffis

Nun stand die letzte ärztliche Untersuchung vor meiner Chemo an… Der Besuch beim Kardiologen. In Begleitung meiner Schwiegermutter betrat ich schon früh morgens um acht die Praxis um mein Herz durchchecken zu lassen. Da ich die erste Patientin war, hatte ich das Glück, so in das Behandlungszimmer durchgehen zu dürfen … mal ohne Wartezeit, wie schön.
Nachdem ich von der Arzthelferin aufgefordert wurde, meine Oberbekleidung abzulegen, sollte ich auf einer Liege Platz nehmen. Auf dieser wurden mit dann Gurte mit Metallplättchen versehen umgelegt und diverse Messungen durchgeführt. Nach dieser Untersuchung ließ die Dame mich dann allein in diesem Raum zurück und sagte mir, dass der Arzt gleich kommen würde …

Als Dr. T. dann das Zimmer betrat, folgte ich ihm ins Nebenzimmer … Nun musste ich mich auf die Seite legen damit er mein Herz mit Ultraschall untersuchen konnte. Es war alles in Ordnung, mein Herz war fit genug für die bevorstehende Chemo …

Unser nächstes Ziel für diesen Tag, wäre an sich das Perückengeschäft O. gewesen, in dem ich mir gerne einen ersten Einblick in die Welt der „Mottenfiffis“ verschafft hätte, jedoch öffnete das Geschäft erst um zehn Uhr seine Pforten. Da beim Arzt alles so schnell ablief, war es erst halb neun und so beschlossen wir vom Bäcker ein paar Brötchen zu holen um dann nach Bingum zu fahren um Oma einen Besuch abzustatten, die sich darüber sehr freute …

Als wir dann zu gegebener Zeit beim Perückengeschäft waren, hatte die Angestellte bereits Kundschaft und bat uns, so gegen halb zwölf doch erneut wieder zu kommen, dann hätte sie Zeit für uns …

Um die Zeit tot zu schlagen, fuhren wir zum Multimarkt und bummelten dort ein wenig herum…

Um halb zwölf waren wir dann zurück beim besagten Geschäft…

Ich schilderte der Dame meine Situation … Das ich Krebs habe und mir bald eine Chemotherapie bevorstünde, durch die ich auch mein Haar verlieren werden würde und ich einfach mal gerne ein paar Perücken anprobieren möchte.

Mein Rezept der Krankenkasse hatte ich dabei und überreichte ihr dieses. Ich war so gespannt und freute mich auf die Anprobe … Es war wie beim Frisör, ich nahm vor einem großen Spiegel Platz und ließ mich ein wenig beraten und äußerte auch meine Wünsche und Vorstellungen. Dann ging es los … Dann holte die Angestellte diverse Kartons und stapelte diese vor mir auf. In jedem Karton befand sich eine andere Haarpracht. Ich entschied mich wenn, dann für eine Kurzhaarperücke, passend zu meiner aktuellen Frisur. Nach einigen Anproben, von der Renate von jeder ein Foto machte, erkundigte ich mich, wie es eigentlich mit der Bezahlung aussehe, ob die Krankenkasse die Kosten ganz übernehmen würde.“ Nein, leider nicht!“ bekam ich als Antwort… die AOK bezahlt 368 Euro dazu, für den Rest muss ich dann selber aufkommen. Als ich dann allerdings nach dem Preis meiner favorisierten Perücke fragte, blieb mir fast das Herz stehen … Diese lag nämlich schon bei über 800 Euro. Dann war das noch eine ganze Menge Geld! Also entschied ich mich dann für eine günstigere Ausgabe für knapp 500 Euro, was ja grad noch so ging. Ich war total gut drauf und ließ mir die Perücke gleich zurücklegen, wollte erst aber nochmal Rücksprache mit Benny halten und ihm die Fotos zeigen, ob ich ihm überhaupt so gefallen würde. Wir verabschiedeten uns also voneinander und verabredeten uns für den nächsten Tag erneut.

Als Renate und ich dann wieder im Auto saßen fragte sie mich, ob ich mir wohl wirklich sicher sei, dass ich jetzt schon eine Perücke bestellen möchte? Noch hatte ich meine Haare … auch während der Anprobe fühlte es sich gut auf dem Kopf an … Aber wie wird es sein, wenn du dann die Glatze hast, das Gefühl wird ganz anders sein!

Diese Überlegung war gar nicht mal so verkehrt, ich habe viel zu voreilig gehandelt … Und so beschlossen wir, erst einmal abzuwarten, wie es dann sein wird wenn mein Haar ausgefallen ist. Will ich dann überhaupt eine Perücke oder fühle ich mich dann verkleidet? Das sind Dinge und eine Entscheidung, die ich jetzt noch gar nicht entscheiden kann. Und so ging ich zurück in den Laden und teilte der Angestellten meine Entscheidung mit und nahm mein Rezept auch erst einmal wieder an mich. Das war eine gute Entscheidung, denn die Perücke läuft mir ja nicht weg. Ich kann mich noch immer zu gegebener Zeit dafür entscheiden oder auch nicht … und mich so wohl fühlen wie ich halt bin …

Kommentar verfassen